Politische Stiftungen
  Allg. Hintergrund
 

1. Definition

 

„Unter einer Stiftung versteht man zum einen […] [den] Vermögensteil, den der Stifter oder die Stifterin uneigennützig weggibt. Der Begriff der Stiftung umfasst aber auch die Institution, die Einrichtung, die notwendig ist, um das gestiftete Vermögen dem Zweck entsprechend zu verwalten.“ (Stadt Münster: 41)

 

Die Errichtung einer bürgerlichen Stiftung ist an genaue gesetzliche Vorgaben gebunden, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) §80-88 festgeschrieben sind. Eine rechtsfähige Stiftung muss durch das Stiftungsgeschäft eine Satzung enthalten, die genaue Regelungen zu folgenden Punkten enthält:

 

1. den Namen der Stiftung,

2. den Sitz der Stiftung,

3. den Zweck der Stiftung,

4. das Vermögen der Stiftung,

5. die Bildung des Vorstands der Stiftung.  


Jedoch besitzen bei weitem nicht alle politischen Stiftungen auch aus juristischem Sinne die Rechtsform einer Stiftung des bürgerlichen Rechts. Viele politische sowie unternehmerische Stiftungen sind als Vereine oder als gemeinnützige GmbHs (gGmbH) organisiert. Der Vorteil dieser Stiftungsformen ist ihre Flexibilität - Satzungsänderungen können leichter umgesetzt werden, und damit kann auf aktuelle Entwicklungen effektiver reagiert werden. Außerdem unterliegen diese Rechtsformen nicht der staatlichen Stiftungsaufsicht.

 

Nur gemeinnützige Stiftungen können von Steuerbegünstigungen profitieren. Alle nicht-gemeinnützigen Stiftungen unterliegen dem Schenkungs– und Erbschaftsrecht. Jedoch sei hier ausdrücklich hervorgehoben, dass die Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung nicht als Steuersparmodell der Reichen aufgefasst werden kann. Zwar fallen — wie bereits erwähnt — Steuerbegünstigungen bei der Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung an, allerdings gehört nach Abschluss des Stiftungsgeschäftes das Vermögen der Stiftung und dessen Erträge dürfen nur noch für gemeinnützige Ziele gemäß der Satzung aufgewendet werden. 

 

Das Gemeinnützigkeitsrecht erlaubt, dass Stiftungen bis zu einem Drittel ihrer Vermögenserträge für den "angemessenen" Unterhalt des Stifters und seiner nächsten Angehörigen (Kinder und Enkelkinder) sowie die Pflege ihres Andenkens und ihrer Gräber verwenden dürfen (§ 58 Nr. 5 AO). Viele Stiftungssatzungen sehen diese Möglichkeit daher vor. Die Empfänger müssen solche Leistungen versteuern. Auch auf diese Weise lassen sich also keine Steuern sparen.“ (wikipedia)


2. Historischer Abriss

Vor ungefähr 2.500 Jahren existierten stiftungsähnliche Institutionen, die sich vorrangig mit dem Seelenheil der Menschen nach dem Tod beschäftigten. Ihre Hauptaufgabe bestand vorrangig die Lebenden bei ihrer fortdauernden Beziehung zu ihren Verstorbenen zu unterstützen.

In den folgenden Jahrhunderten gerieten die Stiftungen mehrheitlich unter die Entscheidungsgewalt der Kirche. Mit dieser Reformation veränderten sich auch die Grundlagen des Stiftungsgedanken. Erstmals wurden soziale und karikative Aspekte neben der Gottesverehrung und Opferkult verfolgt. Dieser Wandel wurde mit dem Beginn der Aufklärung und der Säkularisierung noch verstärkt.

„Je protestantischer das Land, desto liberaler die Entwicklung der Stiftungen, desto vielfältiger ihre Arbeitsmöglichkeiten.“ (Maaß) Mit der zunehmenden Aufklärung fiel das Stiftungsmonopol der Kirche. Durch neue gesetzliche Regelungen differenzierte sich das Stiftungswesen immer weiter aus. Nun wurden vermehrt Stiftungen durch private Hand  ins  Leben gerufen. Großbritannien nimmt hierbei eine Vorreiterstellung in der Stiftungsgeschichte wahr. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts besaß die englische Insel fast 30.000 Stiftungen, heute beläuft sich die Zahl auf weit über 250.000 und ist damit weltweit unübertroffen. In Deutschland entwickelte sich das Stiftungswesen im Vergleich zu England ähnlich rasant, jedoch zeitlich ein wenig versetzt. „Kurz vor dem Ersten Weltkrieg gab es im damaligen Deutschen reich 100.000 [Stiftungen]. 90% dieser Stiftungen verloren ihr Vermögen durch Krieg und Inflation und wurden aufgelöst.“ (Maaß)

Ein Widererstarken des Stiftungswesens wurde durch den Zweiten Weltkrieg zunichte gemacht. Viele Stiftungen wurden vom nationalsozialistischem Regime enteignet.   


 

3. Stiftungslandschaft in Deutschland

Die deutsche Stiftungslandschaft hat seit der Wiedervereinigung einen regelrechten Boom erfahren. Seit 1990 kann eine jährliche Zunahme bei der Zahl der Neugründungen von Stiftungen festgestellt werden. Die folgende Grafik verdeutlicht diese positive Entwicklung.

 

Abbildung 1: Stiftungserrichtungen 1990-2006 in Deutschland:

 

Die absolute Zahl der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts beläuft sich nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen auf 14.401.

Abbildung 2: Stiftungsbestand 2006 in Deutschland:

 

Die Grafik verdeutlich eine unterschiedliche Dynamik in der Entwicklung des Stiftungswesens in der Bundesrepublik. Nach wie vor beschränken sind zum großen Teil die Stiftungsneugründungen auf Städte mit bürgerlicher Tradition im Westen der Bundesrepublik.

Das Bundesland Nordrhein-Westfahlen ist mit 2.725 Stiftungen Spitzenreiter vor Bayern (2.590) und Baden-Württemberg (2.105). Stiftungszentren bilden sich vorrangig in Städten aus, die ein starkes traditionelles Bürgertum haben oder eine Geschichte als Universitäts– und Verwaltungszentrum aufweisen. Die größte Stiftungsdichte auf 100.000 Einwohner verzeichnen die Städte Frankfurt am Main, Hamburg und Bonn. Münster rangiert als Universitätsstadt auf dem fünften Platz. Keine Stadt der neuen Bundesländer befindet sich unter den Top 30.

 

Abbildung 3: Top30 – Stiftungsdichte in Großstädten:




Der Bundeverbands-Vorsitzende Fritz Brickwedde sieht aufgrund des starken Wachstums seit der Wiedervereinigung optimistisch in die Zukunft: „In 25 Jahren könnte sich die Zahl der deutschen Stiftungen auf knapp 60.000 vervierfacht haben“. (Bundesverband Deutscher Stiftungen: 2007c)

4. Motivation des Stifters

Bill Gates, Andrew Carnegie, John W. Rockefeller und noch viele andere bekannte Persönlichkeiten stellten einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens einer Stiftung zur Verfügung. Die Motive des stifterischen Handelns sind äußerst vielfältig - Dankbarkeit, Altruismus, Prestige usw.. Jedoch lassen sich alle Philanthropen nach Georg Simmel als Grenzgänger auffassen. Für ihn verläuft der Akt des Stiftens nicht völlig altruistisch, sondern stets auf der Basis von Geben und Nehmen. „[…] das Fortgeben von Werten, sei es im Tausch sei es als Geschenk, [führt] eine gewisse Steigerung des Persönlichkeitsgefühls mit sich […] - den Reiz, der mit der Selbstentäußerung, Selbstopferung verbunden ist, und der auf dem Umwege einer Verminderung eine Erhöhung des Selbst bedeutet“. (Sigmund: 334) Somit setzt sich das Handeln des Stifters stets aus altruistischen Motiven und egoistischen Motiven (Wunsch nach symbolischer Anerkennung) zusammen. (Vgl. Sigmund: 333ff)

 

Das folgende Zitat eines der bedeutendsten Stiftungsgründern Andrew Carnegie weist noch auf ein anderes zentrales Motiv hin: „Der Mann, der reich stirbt, stirbt entehrt.“ (Sigmund: 333) Der ehemalige Stahlmagnat hat vor ungefähr 111 Jahren in einem Artikel „Wealth“ seine persönlichen Ansichten als Philantroph dargelegt. Als Mann liberaler Gesinnung war er der Meinung, dass der eigene Wohlstand aus individueller Leistungsfähigkeit und Begabung resultiert, jedoch gleichzeitig mit einer hohen Verantwortung für die Gemeinschaft einhergeht. Durch die Legimitation des Wohlstandes durch den Akt des Stiftens wird die Elite der Reichen nach Außen abgegrenzt. Jeder der dieser Erwartung nicht nachkommt liefert sich schneller dem allgemeinen Vorwurf des Geizes aus.

Des Weiteren kann der Akt des Stiftens als ein Instrument um soziale Positionen und Prestige innerhalb der Elite angesehen werden. Mit dem Widererstarken der Stiftungslandschaft in der letzten 50 Jahren haben sich die Stiftungsmotive gewandelt. Anhand der folgenden Grafik lassen sich Rückschlüsse von den Stiftungszwecken auf die Stiftungsmotive ziehen. Wurde noch vor 50 Jahren mehrheitlich aus religiösen Motiven für soziale Zwecke gespendet. So wird heute zunehmend in Bereichen gestiftet, die mit einem höheren Prestige einhergehen, wie beispielsweise der Bereich der Kunst und Kultur. (Vgl. Sigmund: 333ff)

Abbildung 4: Stiftungszwecke:


 

 

 






Literatur:

Bundesverband Deutscher Stiftungen (2007a): StiftungsReport 2007. Berlin: Bundesverband Deutscher Stiftungen.

Bundesverband Deutscher Stiftungen (2007b): Stiftungen in Zahlen. Online im Internet: http://www.stiftungen.org/files/original/galerie_vom_05.12.2005_10.33.06/StiftungenInZahlen20070131.pdf.

Bundesverband Deutscher Stiftungen  (2007b): Pressemitteilung „Wachstum an Stiftungen bleibt hoch“. Online im Internet: http://www.stiftungen.org/index.php?baseID=78&strg=61_78&dataID=121&year=2007.

Bundesverband Deutscher Stiftungen (2007): Stiftungszwecke. Online im Internet: http://www.stiftungen.org/statistik.

Maaß, Kurt-Jürgen (2006): Wider die Verstaatlichung des Daseins. Stiftungen gestalten die Zukunft. – In: Stifter und Staat. Ausgewählte Beiträge zu Geschichte und Gegenwart des Stiftungswesens. – Essen: edition Stifterverband, 2006. – S. 179-189.

Ostrower, Francis (1995): Why the wealthy give: The culture of elite philanthrophy. New Jersey: Princeton University Press.

Sigmund, Steffen (2000): Grenzgänge: Stiften zwischen zivilgesellschaftlichem Engagement und symbolischer Anerkennung. In: Berliner Journal für Soziologie, Band 10/2000. Opladen: Leske + Budrich.

Stadt Münster (2002): Mit Stiftungen Zukunft gestalten. Münster: Stadt Münster.

 

 

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